Berichte über den Biohof Dorna, die Tiere und den Ackerbau
Dezember 2024
Ich werde ja oft gefragt, wie es für mich ist, meine Tiere zum Schlachter zu bringen. Ich mag es sehr, wenn ich das gefragt werde. Denn ich finde, dass das Thema nicht verdrängt werden sollte.
Bevor ich meinen eigenen Hof hatte, war ich jahrelang Vegetarierin. Das kann ich heute nicht mehr. Oder genauer, ich könnte nicht mehr dahinter stehen, das Essen der Tiere zu verurteilen. Ich verurteile sehr stark, wie viel Fleisch gegessen wird, es schmerzt mich, wie viele Tiere würdelos und qualvoll gehalten werden - was natürlich nur geht, solange das Fleisch dieser Produktionsarten auch gekauft wird. Und deshalb freue ich mich sehr über Menschen wie dich, die sich überlegen, woher das Fleisch kommt, das sie essen. Und es ist mein Antrieb, für diese Menschen etwas wirklich Gutes zu produzieren.
Denn Tiere grundsätzlich nicht zu essen, löst in meinen Augen kein Problem. Wir brauchen Nutztiere. Die Schweiz ist ein Grasland. Ein doch noch beträchtlicher Teil unseres Kulturlandes kann nicht für den Ackerbau genutzt werden, vor allem hier im Berggebiet. Darum brauchen wir Tiere, die unsere Grünflächen offenhalten. Ausserdem ist Wiese in der Fruchtfolge des Ackerlandes ein wichtiges Element und nicht zuletzt brauchen wir Tiere, die uns Dünger produzieren. Somit sind unsere Nutztiere meines Erachtens essentiel für unsere Kulturflächen. Sie gehören zum Land wie Fische zum Wasser, das Eine kann nicht ohne das Andere. Ich könnte hier noch weit ausholen aber komme jetzt zurück zu der Frage, wie ich denn meine Liebsten töten lassen kann.
Um’s abzukürzen: Würden wir die Nutztiere nicht essen, dann würden wir sie auch nicht halten. Was war zuerst, die Wurst oder die Weide? Alles ist Teil des Gleichen, die Fleischproduktion ist einfach Teil des ganzen Systems der Grünlandpflege, die nötige Dezimierung eines gesunden Tierbestandes. Ich will hier betonen, dass ich von einer Nutztierhaltung wie meiner spreche, wo der Tierbestand an den Ertrag der Wiesen und Weiden angepasst ist und wo nur so viel Fleisch anfällt, wie auf den Grünflächen vor Ort auch produziert werden kann.
Hand auf’s Herz - auch wenn ich wirklich hinter dem System stehe, es tut schon auch weh. Vor allem die Entscheidung, wer gehen muss, ist ein belastender Prozess.
Aber ich persönlich glaube, dass die Tiere einverstanden sind mit diesem System, solange sie ein schönes, artgegechtes Leben haben. Und dafür arbeiten wir tagtäglich, geben alles dafür, dass es den Tieren gut geht und umsorgen sie mit der Umsicht, die sie verdient haben. Das schulden wir Tierhaltende den uns untergebenen Tieren.
Und dann kommt der Moment, in dem ich in grosser Dankbarkeit Tiere zum Schlachthaus fahre. Nie nur eins auf’s Mal, sodass sie beim Warten immer Freunde bei sich haben. Und wenn ich das Fleisch esse, zolle ich den Tieren meinen Respekt vor ihrem Geschenk an uns. Und ich bin froh, euch ein Lebensmittel bieten zu können, das so respektvoll produziert ist. Respektvoll den Tieren und auch der ganzen Natur gegenüber.
Oktober 2023
Gerüchte um den Biohof Dorna
Seit geraumer Zeit kursiert das offenbar untötbare Gerücht, ich wollle meinen Hof verkaufen. Da ich dies nie auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen habe, stellt sich die Frage, woher dieses inzwischen bei manchen Leuten als geglaubte Tatsache manifestierte Gerücht stammt.
Als Auswärtige, als Quereinsteigerin, als Frau in einem Männerberuf und mit vielen anderen "Unsittigkeiten" biete ich sicher Grund für Dorfgespräche – ich würde mir einfach wünschen, dass die Menschen irgendwo gehörte spekulierte Unterstellungen überdenken, bevor sie sie als fundierte Tatsachen weitererzählen.
Ich möchte hier klarstellen, dass ich mich in Ausserberg sehr wohl fühle und auch wirklich nachbarschaftlich gut aufgenommen. Ich konnte mir hier (dank grosser Unterstützung Vieler) ein Zuhause einrichten, wo ich meinen Traum in die Realität umsetzen kann: nach bestem Wissen und Gewissen einen Biohof zu führen. Umso mehr finde ich es schade, wenn die wenigen Frustrierten, wie es sie überall gibt, ihre schlechte Laune nicht besser kanalisieren können, als in den Versuch, Anderen zu schaden.
In diesem Sinne, mit viel Elan für die nächsten Jahrzehnte, hoffe ich, dass sich die Angesprochenen angesprochen fühlen.
Regula
Juli 2022
Wir Landwirtinnen und Landwirte haben ja ein sehr breites Spektrum an Tätigkeiten, die freilich auch teilweise delegiert bzw. ausgelagert werden. Bei Futterproduktion, Maschinenreparaturen, Tierbehandlungen, der komplexen Buchhaltung, der Verarbeitung und Vermarktung von tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen und vielem mehr soll die landwirtschaftliche Arbeit nebst der Lebensmittelproduktion auch der Offenhaltung unserer Landschaften dienen, der Förderung der Biodiversität und der Verhinderung von Erosion, Waldbrandausbreitung usw. und dabei den CO2-Haushalt im Griff haben; gerade bei letzterem kann man schliesslich mit dem richtigen System sehr viel im Boden speichern und mit dem falschen sehr viel freisetzen.
So sind wir grosse Spagat-Athleten. Nicht nur die Felder, Wiesen und Weiden sind zu bewirtschaften, zwischen den verschiedenen Bedürfnissen der Tiere, Pflanzen und Menschen sind Prioritäten zu setzen, dem Rhythmus von Arbeit und Erholung ist Beachtung zu schenken und vor allem eins – manchmal muss man, natürlich ohne dabei die Ethik auf der Strecke zu lassen, zwischen Freude und Geldverdienst abwägen.
Richtet man sich zu sehr nach der Wirtschaftlichkeit, droht das Herzblut zu versiegen. Keine noch so grosse Geldbörse kann darüber hinwegtrösten, wenn die Betriebszweige nicht die sind, für die sich die Menschen, die so viele Stunden Knochenarbeit dafür leisten, wirklich erwärmen können. Grundsätzlich ist es essentiell, dass jede Landwirtin und jeder Landwirt bei der Arbeit Kulturen und Tiere pflegt, die ihm bzw. ihr Freude bereiten. Und davon leben zu können mit möglichst wenig schmerzhaften Konflikten, das ist in meinen Augen eine der grössten Herausforderungen des Berufs.
Ich lebe ja in der Überzeugung, den schönsten Beruf der Welt ausüben zu dürfen. Ich darf mich Tag für Tag mit dem beschäftigen, was mir Freude macht. Und dabei kann ich meine Zeit selber einteilen. Sie muss einfach erledigt sein...
Ja, und da kommt er schon wieder, der Spagat. Wo bleibt die für die Wahrnehmung der Schönheit des Alltags so entscheidende Ruhezeit?
Um diesen Spagat über die Arbeit-Freizeit-Kluft etwas besser hinzukriegen, habe ich beschlossen, an der Seite der Freude kleine Federn zu lassen und mich von nun an auf die Fleischproduktion zu beschränken. Nicht mehr zu melken, wird viel Arbeit einsparen. Die Ziegen werden ihre Jungen selber aufziehen dürfen und für die Milchkühe werden wir im Herbst einen neuen schönen Platz finden.
Mai 2021
Auch personell ist dieses Jahr bei mir speziell und ein Jahr der Übergangslösungen. Hubert, der den Hof die letzten drei Jahre mit mir zusammen geführt hat, ist nicht mehr mit dabei. Ich werde in der nächsten Zeit mit verschiedenen Angestellten zusammen arbeiten und hoffe, für das nächste Jahr jemanden zu finden, der etwas länger bleiben wird.
In diesem Zusammenhang sind hier zwei Tiere zwar schon länger da, aber doch neu... Die beiden Hinterwälderkühe, die Hubert gehört hatten, habe ich übernommen und somit gehören sie neu voll und ganz zum Biohof Dorna. Ihre exzellente Milch ernährt die Gitzi und ihre Bauern. Den Sommer werden sie am Stockhorn verbringen, wie letztes Jahr auch schon. Gundi ist drei- und Nora zweijährig. Sie weiden zusammen mit den Ziegen und ergänzen diese dort gut, da die beiden Gattungen unterschiedliche Futterpflanzen bevorzugen. Auf dem Weg zwischen Stall und Weide treiben die Kühe die Ziegen voran und ersetzen mir so praktisch einen Hund.
November 2020
Wie jeden Herbst nahmen wir auch dieses Jahr wieder ein paar bauliche Arbeiten in Angriff.
Zum Beispiel war der Stall von Efeu überwuchert, was nicht nur schön aussah, sondern vor allem für eine grosse Anzahl Vögel und die Bienen, die gegenüber wohnen, von grossem Wert war.
Allerdings ist die Fassade unter dem Efeu immer mehr kaputt gegangen. So entfernten wir die Pflanzen, die sich auch unter das Täfer und in den Heustock ausgebreitet hatten, und ersetzten einen Teil der Fassade.
März 2020
Da in unserem Stall im Fischerbiel früher einmal Kühe gemolken wurden, hatte es auch mal einen Milchraum, der jedoch dann umfunktioniert wurde. An diesem Ort haben wir letztes Jahr ein Provisorium eingerichtet, um das Milchgeschirr waschen zu können. Aktuell sind wir dran, dieses wieder in einen anständigen Milchraum zu verwandeln. Auch wenn es "nur" darum geht, das Milchgeschirr zu waschen und lagern, gilt es dabei viele Hygienevorschriften einzuhalten.
Aus- und umbauen, flicken, ergänzen, in Stand stellen, solche Winterarbeiten sind noch viele vorhanden. Beim Um- und Ausbau des Stalls seit der Übernahme vor zwei Jahren achten wir nebst der Arbeitserleichterung für uns auch immer stark auf das Tierwohl. So halten wir die Tiere nach verschiedenen Tierwohl-Richtlinien, nicht "nur" den Bio-Suisse-Anforderungen.
Dezember 2018
Seit das Heu geerntet ist, sind wir also neben allen alltäglichen Arbeiten damit beschäftigt, den Stall für die Kühe sowie die Ziegen neu einzurichten.
Der Hof, den ich Anfang Jahr dazukaufen konnte, liegt im Weiler Fischerbiel, der sich im oberen Teil des Dorfes befindet, im Gegensatz zur Dorna, die einer der untersten Weiler der Gemeinde ist. Dorna und Fischerbiel sind etwa zwei Strassenkilometer voneinander entfernt - und 180 Höhenmeter.
Auf der einen Seite des Stalles im Fischerbiel waren bis letztes Jahr Schweine zu Hause. Da wir keine Schweine halten, werden dort jetzt die Ziegen einziehen.
Eine weitere Umstellung dieses Jahr ist, dass mit der zunehmenden Betriebsgrösse auch viel mehr Schlachttiere einhergehen. Ein paar Absetzer (also abgetränkte Mutterkuhkälber) haben wir lebendig verkauft, sie leben jetzt auf einem anderen Biobauernhof, bis sie dort mit etwa 2jährig geschlachtet werden.
Um die Wiesen und Weiden zu bewässern oder beregnen, fliessen drei Hauptsuonen durch Ausserberg. Sie sind die Lebensgrundlage für unser Heu- und Weidegras.
Mit dem Biohof Fischerbiel habe ich ein grosses Weidegebiet oberhalb des obersten Wasserkanals übernommen. Es ist ein wunderschöner Ort mit faszinierender Flora und Fauna, da es ein äusserst trockenes Gebiet ist, das auch seit Jahren gekonnt unterhalten wurde. Denn nur weil die verschiedenen Pflanzen hier stetig bewusst gefördert bzw. im Rahmen gehalten werden, hat diese Fläche ihre enorme Qualität. Überliesse man die Natur sich selbst, ginge die Biodiversität hier schnell zurück - invasive Pflanzenarten würden sich auf Kosten vieler weniger dominanten Gewächsen ausbreiten.
In diesem Sinn widmen wir uns dem Erhalt vieler Arten - und erhalten auch für diese Arbeit Direktzahlungen. Diese staatliche Unterstützung ermöglicht es uns, diesen vielseitigen Lebensraum zu erhalten.
Die Fläche wird von unseren Kühen extensiv beweidet und erfordert ausserdem sehr viel Handarbeit.
Nebst der Beweidung machen wir in diesem Gebiet verschiedene Projekte wie zum Beispiel ein Roggenacker, in dem verschiedenste seltene Beikrautarten gedeihen. Diese wiederum ermöglichen einer Menge seltener Tierarten ihr Bestehen. Im Herbst wird der Roggen jeweils als Team-Event einer Firma wie der Credit Suisse oder Swisscom, organisiert mit dem WWF, von Hand gesät. Im Sommer wird er dann von einer Gruppe engagierter Ausserbergern traditionell von Hand geerntet.
Dezember 2017
Hier ist zur Zeit ein grosses Projekt am entstehen:
Der Biohof Fischerbiel von Liliane und Orlando Schmid ist ein Ausserberger Bio-Bauernhof, geführt mit einem Schwergewicht auf Erhaltung und Förderung natürlicher Lebensräume. Liliane und Orlando hatten schon früh andere Wege eingeschlagen als die meisten hiesigen Bauern und haben die letzten 30 Jahre nicht bloss mit der Natur gewirtschaftet, sondern sich Mühe gegeben, sie zu pflegen und die Diversität zu fördern. Dieses Jahr fingen sie an, sich nach Nachfolgern umzusehen. Und ich fühle mich fast etwas geehrt, sagen zu dürfen, dass ich den Betrieb auf 2018 übernehmen werde.
Ich werde euch noch viel darüber erzählen - dieser Schritt bedeutet, ein ganz anderes Betriebskonzept aufzubauen. So bringt diese Heirat von Dorna und Fischerbiel viele Veränderungen mit sich. Der Verkauf der Burenziegen war eine der ersten.
Eine wichtige Veränderung ist auch, dass ich den Hof ab Januar nicht mehr alleine führen werde, sondern gemeinsam mit Hubert Zuber, der mich in den letzten Jahren schon stark unterstützt und mir immer wieder geholfen hat.
Ja, vieles wird sich in naher Zukunft ändern. Das Essentielle wird aber erhalten bleiben. Ihr werdet weiterhin naturnah, verantwortungsvoll und mit viel Herzblut produzierte Bio-Lebensmittel von mir kaufen können.